Ich war in einem Krankenhauspraktikum auf der Intensivstation, während der Rettungsdienstausbildung, vor mittlerweile rund 20 Jahren.
Eine Patientin mit ganz schwerer Parkinsonerkrankung war eingeliefert worden und musste betreut werden. Die Schwestern hatten leider nicht viel Zeit und was die Dame in zehn Minuten nicht gegessen hatte, hat sie nicht mehr bekommen. Ich bin als Praktikant länger geblieben, habe sie gefüttert, ihr noch Nachtisch gebracht. Sätze brauchten gerne mal einige Minuten, weil sie kaum mehr sprechen konnte. Ich bin am Sonntag trotz meines freien Tages reingegangen und habe die Dame zur heiligen Messe begleitet, die sie nur liegend besuchen konnte. Sie war traurig und ich blieb die ganze Zeit bei ihr stehen und habe ihre Hand gehalten.
Es waren kleine Gesten, weil es mich traurig gemacht hat, dass sie von dem Pflegepersonal – dem ich hier keinen Vorwurf machen möchte, schon damals war Zeit knapp und Arbeit im Übermaß vorhanden – nicht die Aufmerksamkeit bekam, die sie gebraucht hätte.
Am Tag ihrer Entlassung, als sie von einem Krankenwagen wieder ins Pflegeheim gebracht wurde, hat sie ausdrücklich nach mir verlangt. An ihrem Bett nahm sie meine Hand, sah mich an und sprach zwar sehr leise, aber ganz deutlich, flüssig und ohne lange Pausen: „Ich habe heute Nacht von Ihnen geträumt. Sie sind mein Schutzengel.“
Ich habe sie leider nie wieder gesehen und weiß nicht, wie es ihr noch ergangen ist. Aber es hat mir die Augen geöffnet, wie wenig manchmal nötig ist, um einen Unterschied im Leben eines Menschen zu machen, und wie klein die guten Taten sein können, um zu wirken. Es braucht keine großen Heldentaten, sondern manchmal einfach nur ein paar Minuten Zeit, um in Ruhe einen Pudding zu essen.