Die schützende Hand

Zur Jahreswende 1978/1979 bin ich in einen alten ostfriesischen Bauernhof eingezogen.
Der Jahreswechsel gestaltete sich sehr schneereich und kalt.
In dem alten Bauernhaus gab es weder Heizung noch Badezimmer; die Fenster waren einfachverglast, aus Holz und schon ein wenig altersschwach ¬- also viel Luft nach oben bei der Sanierung.
Wir wohnten zu dritt, zwischenzeitlich zu viert auf dem alten Hof.
Diese Art von Wohngemeinschaften waren zu der Zeit recht verbreitet in den Dörfern rund um Aurich.

Weitere Mitbewohner waren Schafe, Ziegen, Hühner, Katzen und 10 Bienenvölker.
So waren wir inklusive des Gemüse- und Getreideanbaus im Garten fast Selbstversorger.
Tee und Kandis wurden im kleinen Dorfladen gekauft.
Unser Fortbewegungsmittel war das Fahrrad.

Ein paar Jahre später ergab es sich, dass alle Mitbewohner ausgezogen waren und ich alleine in dem großen alten Bauernhaus zurückblieb.
Manchmal bei Wind und Regen knarrte und knackte das alte Gebälk des alten Hauses mächtig.
Mein Bruder wohnte damals im gleiche Ort und gab mir den Schlüssel zu seinem Haus mit dem Angebot, nachts jederzeit im Gästezimmer zu nächtigen, sollte es mir mitten in der Nacht zu unheimlich werden.

Es vergingen einige Monate, ohne dass ich das Angebot nutzte.
Ich war damals jung und schlief – war ich erstmal eingeschlafen – wie ein Stein.
So ging ich eines Abends wieder die Treppe hoch zum Schlafzimmer und schlief auch recht schnell ein.
Etwa gegen 2 Uhr in der Nacht wachte ich auf – warum weiß ich bis heute nicht.
Hatte ein Geräusch mich geweckt?
Aus irgendeinem Grund fühlte ich mich plötzlich so unwohl, wie noch nie zuvor in diesem Haus.
Ich entschloss mich, dass Angebot meines Bruders anzunehmen, lief die Treppe hinunter und ging in die Küche, um mir die Schlüssel zu holen.

Da sah ich es:
Ich hatte vergessen, die Herdplatte des alten Elektroherds abzustellen.
Die Platte war rotglühend, der Holzschrank direkt daneben bereits angekokelt und
die Metallplatte sah aus, als würde sie jeden Moment bersten.
Durch mein Aufstehen mitten in der Nacht wurde der Brand verhindert!
Nie zuvor und niemals danach bin ich mit dem unerklärlichen Gefühl aufgewacht, nachts das Haus verlassen zu wollen.
So wohne ich auch heute, fast 40 Jahre später, in diesem alten Bauerhaus.