Die Frau mit dem weißen Nerzkragen

Der Winter 1965/66 brachte Ostfriesland reichlich Schnee. Der Sturm heulte, verwehte die Straßen bis zur Unkenntlichkeit und legte das Leben zeitweilig lahm. Erst als Schneepflüge die Hauptwege befreiten, begann der Alltag sich zu normalisieren, obwohl hohe Schneewände die Straßen säumten und Vorsicht geboten war.

Im Februar 1966 kehrte ich nach Victorbur zurück. Es zog mich zu meinem Kollegen Karlfried Marks in Ost-Victorbur. Auf der Ostvictorburer Straße, nahe des Elektrogeschäfts Siefken, begegnete mir Karlfried in seinem roten Opel Kadett. Er hielt abrupt an, gefolgt von einem eleganten Ford – genannt „Badewanne“ – mit Leeraner Kennzeichen. Verwundert beobachtete ich, wie Karlfried nicht zu mir, sondern zur Fahrerin des Ford rief: „Das ist er! Jetzt ist er doch noch gekommen!“

Die Fahrerin, eine attraktive blonde Frau mit lebhaftem Gesicht, strahlend blauen Augen und einer angenehmen Stimme, stieg aus. Sie trug einen auffallenden weißen Nerzkragen, der ihr Erscheinungsbild nobel unterstrich. Karlfried stellte uns vor: „Herr Bruns, Fräulein Zanter.“ Uschi erzählte mir später, sie habe mich bereits in Oldenburg bei einem Treffen von Kunststudenten gesehen. Sie fühlte sich damals schon zu dem ’süßen Mann mit der Pfeife‘ hingezogen.

Aber wie kam sie nach Victorbur? Sie war Lehrerin und suchte ein Thema für ihre Examensarbeit. In Oldenburg traf sie auf Karlfried Marks, einen Kenner der Kunstpädagogik. Gemeinsam fuhren sie durch die schneebedeckten Straßen nach Ost-Victorbur, um ihr Thema zu vertiefen. „Da gibt es einen Kollegen an meiner Schule, der mehr davon versteht als ich! Vielleicht kommt er gleich vorbei!“ – so hatte Karlfried über mich gesprochen.

In jenem Schneetreiben an der Ostvictorburer Straße entschied sich mein Schicksal. Die Qual der Wahl unter den Frauen sollte ein Ende haben.