Eine Begegnung , die alles veränderte

Ein düsterer Tag, ein Adventssonntag im Jahr 2017.Das aber lag nicht allein am Wetter. Im Juni war mein Mann gestorben und ich war seitdem von meiner Trauer wie gelähmt.Weihnachten stand bevor und ich hatte Angst vor dem 1.Mal, dieses Fest ohne ihn erleben zu müssen.An diesem Adventssonntag nun wollte ich zum Gottesdienst.
Am Morgen brauchte ich lange, um mich auf den Weg zu machen.Mein Make-up war schon verwischt,weil ich ständig meine Tränen trocknen mußte, war mir aber egal.Ich nahm mir vor, ganz tapfer zu sein. Zehn Minuten vor Beginn des Gottesdienstes war ich da. Im langen, schwarzen Mantel, so dunkel wie meine Gedanken.Ich fühlte mich , wie so oft , einfach unsichtbar und wie uinter einer Glasglocke.
So ging ich in den Andachtsraum hinein. Und hier beginnt sie, meine kleine, persönliche Sternstunden-Weihnachtsgeschichte.
Der Andachtsraum ist durch einen schmalen Gang in der Mitte getrennt.Links saß die Gemeinde, rechts waren die Reihen von Konfirmanden besetzt.In der zweiten Reihe, ganz am Ende , saß ein junges Mädchen , cirka 13 Jahre alt, ganz allein in der Bank.Ich stand einen Augenblick still und plötzlich winkte es mir strahlend zu und rief: „Hier ist noch ein Platz für dich“ und zeigte auf ihre linke Bankseite.Ohne zu überlegen setzte ich mich zu ihr.Nur wir zwei in der Bank. Ich griff nach dem Liederheft und meinem Taschentuch. So saßen wir gerade ein paar Minuten und ich spüre, wie sie mich von unten nach oben musterte und mich anstrahlte.Ein so freundliches Gesicht. Plötzlich fragte sie , (warscheinlich typisch Mädchen ) und schaute fasziniert auf meine Schuhe :“ Sind das High-heels?“ Irgendwie musste ich lächeln und nickte.“Ist es sehr schwer darauf zu gehen ?“ fragte sie weiter. Ich bereute schon beinahe mich zu ihr gesetzt zu haben und fand ihre Fragen angesichts meines Gefühlszusandes unpassend. Aber wieder musste ich lächeln.
Als ich sie anschaute bemerkte sie mein verweintes Gesicht und fragte:“ Warum weinst du ?“ Ich berührte ihre Wange und flüsterte ihr zu :“ Ich weine um meinen Mann der gestorben ist“.“Wann ist er gegangen?“ fragte sie weiter.“Vor einem halben Jahr“ antwortete ich ihr. Als ich weinte sagte sie: Du, ich bin immer hier, wohne nicht weit von hier.“
Ich fragte.“ Mit Mama und Papa?“ Ganz leise sagte sie:“ Nein, meine Mama ist tot.Gleich nach meiner Taufe ist sie gestorben.Sie hat mir den Namen „Maria“ gegeben. Ich habe sie nie kennengelernt..
Ich war wie gelähmt ,wußte nicht, was ich sagen sollte.Sie griff nach meiner eiskalten Hand und hielt sie ganz fest.Beim Gebet schoben sich ihre Finger zwischen die meinen und so beteten wir zusammen .
Da erst spürte ich das Zucken ihrer Hände und des Körpers.Und ich erkannte, sie war Spastikerin und die Behinderung war ganz deutlich zu merken.Mich überkam ein merkwürdiges Gefühl.Dieses junge Menschenkind,vom Schiksal so hart getroffen,und doch so voller Herzenswärme,ließ meine Hand nicht los.Sie legte sogar zwischendurch ihren Kopf an meine Schulter und schaute mich an.Ich wünschte, meine Gedanken und Gefühle ausblenden zu können, aber die Gegenwart ließ es nicht zu.Ich weiß, dass keiner mir an diesem Ort mehr Trost hätte geben können als dieses Mädchen neben mir.“MARIA“ Ich sagte es ihr unter Tränen und sie sagte nur .“Ich weiß“ Ich sagte :“Du tust mir gut, Maria“ Sie lächelte und sagte wieder :“Ich weiß“ . „Vielleicht sehen wir uns ja einmal wieder?“ Sie antwortete ;“Du findest mich immer hier, auf diesen Platz, jeden Sonntag.“
Ich habe nicht mal mehr „Danke“ sagen können,weil beim Hinausgehen eine Frau auf mich zukam und mir vom Tod beider Eltern in diesem Jahr berichtete.
Maria hat mir gezeigt, dass Gott immer da ist ,wenn die Traurigkeit zu groß wird und man fast am Leben verweifelt.Maria ist viel stärker als ich.
In der Dunkelheit am Abend bei uns in Dangast am Deich, habe ich in den Sternenhimmel geschaut,Gott und meinem Mann Kalle gedankt.
Danke auch an Dich , kleine MARIA